Mitteilungen aus den Lorenz-Laboratorien Berlin und Eberswalde

1. Reichweitenversuche und Anwendungsmöglichkeiten von Ultra-Kurzwellen

(Distance experiments and application of ultra-short-waves)

By Prof. Dr. A. Esau

Transcript of the pages 342 - 343

 

Die Erforschung des Gebietes der Ultra-Kurzwellen, die in dem Institut von Prof. Esau in Jena bereits im Jahre 1923 begonnen und in der Zwischenzeit in Zusammenarbeit mit der C. Lorenz Aktiengesellschaft intensiv fortgesetzt worden ist, ergab für die Ultra-Kurzwellen eine große Zahl von Anwendungsmöglichkeiten. Nachdem verschiedene Schaltungen zur Erzeugung und zum Empfang der Ultra-Kurzwellen von Prof. Esau und seinen Mitarbeitern ausgearbeitet worden waren, und die verschiedensten Vorversuche gezeigt hatte, daß diese Wellen besonders bei direkter Sicht recht erhebliche Reichweiten ergaben, wurden vor etwa 2 ½/ Jahren von der C. Lorenz Aktiengesellschaft gemeinsam mit Prof. Esau systematisch Versuche ausgeführt, um das Verhalten der Ultra-Kurzwellen über größere Entfernungen zu erforschen.

Prof. Dr. A. Esau

Um eine größere Höhe gegenüber der Umgebung zu erhalten, wurde der Brockengipfel (1100 m über Meeresspiegel) als Sendeort gewählt, wo ein Sender von 3,4 m Wellenlänge mit einer Schwingleistung von ungefähr 200 Watt, der tönend moduliert war, aufgestellt wurde. Der Höhenunterschied gegenüber der weiteren Umgebung, in der die Empfangsmessungen vorgenommen werden sollten, betrug ungefähr 900 m. Es zeigte sich nun, daß diese Welle in allgemeinen den optischenGesetzen folgen, d.h. daß die Reichweite ungefähr derjenigen der direkten Sicht entsprach, wobei die Wellen sich um kleinere Hindernisse herum beugten und bei größeren Hindernissen deutliche Schattenwirkungen auftraten. Außerdem fand noch eine Beugung in eine hinter der Begrenzungslinie der direkten Sicht liegende Zone statt, wobei sich jedoch eine starke Absorption zeigte. Kurz darauf unternommene Versuch von Prof. Faßbender und seine Mitarbeitern bestätigten im allgemeinen die gewonnen Erkenntnisse.

Es bestand nunmehr die Möglichkeit, der Gedanken zu verwirklichen, der wohl von Prof. Esau zum ersten Male ausgesprochen worden ist, die Ultra-Kurzwellen für den Rundfunk nutzbar zu machen.

Die schnelle Entwicklung des Rundfunks und der große Anklang, den dieser neue Zweig der drahtlosen Technik beim Publikum fand, hatten zur Folge, daß das für diese Zwecke zur Verfügung stehende Frequenzband allzu dicht von Sendern besetzt wurde.

Jeder, der ein einigermaßen empfindlichen Empfänger besitzt, kennt diese Erscheinung und die dadurch hervorgerufenen unangenehmen Störungen. Die verschiedenen internationale Kongresse zur Festlegung der Wellenlängen der einzelnen Sender geben ein beredtes Zeugnis von der Schwierigkeit der Sachlage, die nachgrade auf die Dauer unhaltbar wurde. Um diese Chaos im Bereiche der Rundfunkwellen zu beseitigen und um eine noch größere Zahl von Sendern ohne gegenseitige Störung betreiben zu können, hatte in Deutschland die Deutsche Reichspost die Entwicklung des Gleichwellen-Rundfunk-Systems aufnehmen lassen, wie an anderer Stelle näher ausgeführt wird (we have skipped this paper contribution, as on our website "ENT papers" does cover this subject in three papers, AOB).

Eine andere Lösung des vorliegenden Problems würde die Benutzung von Ultra-Kurzwellen sein, die in großer Zahl nebeneinander in den verschiedene Städten jedes Landes möglich wäre.

Sender für eine Wellenlänge von 6 m

Dabei war nun das Ergebnis der Brocken-Versuche außerordentlich ermutigend, da diese die beschränkte Reichweite der Wellenart erwiesen. Um diese Wellen für den Gebrauch auf dem Rundfunkgebiet beurteilen zu können, mußten zunächst die Absorptionsverhältnisse der Ultra-Kurzwellen in Stadtgebieten festgestellt werden, wobei die Wahl der Wellenlänge von besonderer Bedeutung war. Die orientierenden Vorversuche dafür wurden wiederum von dem Institut von Prof. Esau ausgeführt. Hand in Hand mit diesen Versuchen ging Lorenz an die Verbesserung der dafür in Frage kommenden Sendertypen. Die ersten Sender mit 3 m Wellen längen arbeiteten in Selbsterrungsschaltung, zeigten in folgedessen bei Telephonie Instabilitäten und ließen im günstigsten Falle nur den geringen Modulationsgrad von 20 bis 30° zu. Die späteren Sender wurden nun für eine längere Welle (6,5 m) gebaut, 25. November 2005, da sich herausgestellt hatte, daß diese Welle im Häusermeer ein wesentlich besseres Durchdringungsvermögen besaß als die kleinere Welle. Um ferner eine bessere Stabilität bei gleichzeitig größerer Modulationstiefe zu erhalten, mußte der Sender für Fremdsteuerung eingerichtet werden.

Es wurden zwei Stufen gewählt.

Die erste stufe wird von einem selbsterregten Steuersender mit zwei normalen Kurzwellenröhren relativ großer Leistung gebildet. Die zweite stufe, der Hauptsender, der die vom Steuersender abgegebene Leistung verstärkt, arbeitet im Gegentakt und ist zur Vermeidung von Selbsterregung neutralisiert. Besonders wichtig ist ein gut wirkender Lastausgleich, der die durch die Modulation hervorgerufenen Belastungsänderungen aufzunehmen, auszugleichen und so die Rückwirkung des Hauptsenders auf den Steuersender möglichst klein zu halten hat. Als Antenne dient ein 8/2-Dipol, der durch eine Energieleitung mit dem Sender verbunden ist. Die Telegraphie-Strichleistung beträgt bei der Wellenlänge von etwa 61/2 m 700 bis 800 Watt.

Wie bei den meisten Lorenz-Sendern wird auch hier die Gitterspannungsmodulation angewendet. Die dazu notwendige Niederfrequenzleistung wird in einem Hauptverstärker mit zwei Röhren und max. 25 Watt Niederfrequenzleistung entnommen, der seinerseits wieder von einem Vorverstärker mit zwei Röhren gesteuert wird. An diesen lassen sich wahlweise einen elektrische Abnahmedose zur Wiedergabe von Schallplatten oder ein Kondensatormikrophon anschließen. Um die Hochfrequenz von der verstärkerapparatur ferzuhalten, waren besondere Maßnahmen erforderlich, da die Gefahr der Einwirkung bei diesen hohen Frequenzen sehr groß ist.

Um nun praktische Rundfunkerfahrungen zu sammeln, wurde dieser Sender im Einvernehmen mit der Deutschen Reichspost im Dachgeschoß der Oberpostdirektion in Chemnitz aufgebaut. Dieses Gebäude liegt ziemlich im Mittelpunkt der Stadt auf einem kleinen Hügel, so daß eine größere Höhe des Senders (etwa 330 m über dem Meeresspiegel) erreicht wurde.

Zur Untersuchung der Ausbreitungsverhältnisse der elektrischen Wellen wurde ein 5 Röhren-Kurzwellen-Empfänger verwendet. Dieser bestand aus einem Hochfrequenzrohr, einem rückgekoppelten Audion, einer Superregenerationsröhre und zweifacher Niederfrequenzverstärkung. Der Empfänger konnte wahlweise mit oder ohne Pendelrückkopplung betrieben werden.

Die Verwendung eines Hochfrequenzrohres bringt verschiedene Vorteile mit sich, die in der Einfügung eines Zwischengliedes zwischen der im allgemeinen stark gedämpften Antenne und dem Schwingaudion begründet sind. Die so erreichte Trennung zwischen der Antenne, die aperiodisch verwendet wird, und dem Audion hat eine sehr scharfe Resonanzkurve und damit eine sehr große Abstimmschärfe und erhöhte Empfindlichkeit des Empfängers zu Folge. Ein weiterer Vorzug ist, daß die Schwingungen des Audions und der Superregenerationsröhre von der Antenne ferngehalten werden, ein Umstand, der bei der verwendung vieler Empfänger (Rundfunk) von Bedeutung ist. Eine wesentliche, direkte Verstärkung der Hochfrequenz tritt jedoch nicht ein.

Sender für eine Wellenlänge von 6 m

Mit dem beschriebenen Gerät wurde zunächst die Reichweite des Senders untersucht. Der Empfänger wurde in einem Auto aufgebaut und die Punkte aufgesucht, an denen der modulierte Sender eben noch gehört werden konnte. Als Antenne wurde ein 2 m langer Draht verwendet, dessen Ende 2 m über dem Erdboden befestigt war. Es zeigte sich, daß die so bestimmte Reichweite etwa 6 km betrug, wobei allerdings die örtlichen Verhältnisse eine große Rolle spielten. Die Feldstärke an den einzelnen Punkten hing vor allem von ihrer Höhenlage ab. Ganz allgemein konnte festgestellt werden, daß mit zunehmender Höhe der Empfang lauter wurde. So konnte z.B. auf einem Berge (550 m Höhe über dem Meeresspiegel) in 15 km Entfernung der Empfang noch gehört werden, während hinter Bergrücken in Tälern und Mulden der Empfang schwächer wurde und in größerer Entfernung ganz verschwand.

Die Ausbreitung der Wellen innerhalb des Stadtgebietes wurde zunächst ebenfalls durch Abhören im Auto untersucht. Es konnte überall genügende Feldstärke festgestellt werden. Löcher in der Verteilung der Feldstärke wurden nicht beobachtet, vielmehr wurde überall eine genügend große Feldstärkeintensität vorgefunden.

Auch hier zeigte sich eine Abhängigkeit von den örtlichen Verhältnissen. In den Teilen der Stadt, in den sich zwischen Sender und der Empfänger eine größere Bodenerhebung befand, war der Empfang schwächer. die in verschieden Gebäuden gemachten Versuche ergaben auch hier guten Empfang. In den verschiedenen Stockwerken desselben Hauses ergab eine Zunahme der Lautstärke von unten nach oben. Als Antenne wurde wieder ein 2 m langer Draht verwendet, ganz allgemein ergab sich, daß innerhalb des Stadtgebietes bei zweifacher Niederfrequenzverstärkung ein guter Lautsprecherempfang erzielt wurde.

Ultra-Kurzwellenempfänger

Mit einer Hochantenne wurde die größte Lautstärke erzielt. Es genügten jedoch zur Erzielung genügender Lautstärke als Antenne schon kurze Drahtstücke. In der Nähe des Senders waren Antennen überflüssig. In der Hochantenne haben wir also ein Mittel in der hand, um an alle Stellen, an denen die Intensität des Sendefeldes gering ist, vor allem in Tälern und hinter Bergrücken, einen ausreichenden Empfang zu erhalten.

Aus diesen Versuchen, die zusammen mit dem Reichspostzentralamt ausgeführt wurden, ergab sich, daß es durchaus möglich erscheint, mit einer Wellenlänge von etwa 6 bis 7 m Rundfunk gut zu übertragen. Das Durchdringungsvermögen dieser Wellen ist so groß, daß sie die in einer Großstadt vorhandenen Hindernisse überwinden können und überall eine genügende Feldstärke ergeben. Der beschriebene Sender läßt einen hohen Modulationsgrad zu, ohne daß dadurch der betrieb instabil wird. Zur Erreichung einer noch größeren Frequenzkonstanz wird zur Zeit ein quarzgesteuerter 6 m Sender derselben Leistung gebaut, der in nächster Zeit erprobt werden soll.

Mit der Benutzung für Rundfunkübertragungen sind die Anwendungsmöglichkeiten derartiger Ultra-Kurzwellensender noch lange nicht erschöpft. Die Möglichkeit einer sehr hochperiodischen Modulation gestattet die Verwendung des Senders für Bildtelegraphie und für Fernsehen. Die Anwendung der Doppelmodulation ermöglicht das Vielfachsprechen auf einem Sender, indem dieser mit verschiedenen hochfrequenten Schwingungen moduliert wird, die ihrerseits niederfrequent moduliert sind. Auch in dieser Richtung haben Versuche der C. Lorenz Aktiengesellschaft stattgefunden, die ein günstiges Resultat erwarten lassen.

Ultra-Kurzwellengeräte

Um die verschiedene Anwendungsmöglichkeiten der Ultra-Kurzwellen, d.h. der Wellen mit beschränkter Reichweite, zu untersuchen, wurden verschiedene Gerätetypen kleiner Leistung entwickelt. Die in den nachstehenden Abbildungen dargestellten Geräte, die nur eine leistung von wenigen Watt besitzen, ergaben recht befriedigende Reichweiten.

3 m Gerät zum Gegensprechen

Hochfrequenzteil des 3 m Senders und Empfängers

Wie auf den Bildern sichtbar ist, haben Sender und Empfänger ganz ähnliche Konstruktionsformen erhalten.

Niederfrequenzteil des 3 m Senders und Empfängers

In das nächste Bild ist der Hochfrequenzteil des Senders bzw. Empfängers in der oberen Zylindern enthalten. Die Batterien und die Bedienungsmittel sind in den unteren Kästen untergebracht und mit dem Hochfrequenzteil lediglich durch Speiseleitungen verbunden. In den folgenden Bildern sind andere Formen dieser Geräte wiedergegeben. .. Typen für eine 50 cm Welle, bei denen zur Bündelung der Strahlen bereits Spiegel in Anwendung kommen, die an die alten Versuche von Heinrich Hertz erinnern.

Nach Vorschlägen von Dr. Herath und Prof. Esau ist weiterhin das Schellersche (Otto Scheller, AOB) Funkbakensystem für Ultra-Kurzwellen ausgearbeitet worden. Dieses System soll in erster Linie zur Sicherung von Flugzeuglinien dienen, könnte jedoch auch für andere Zwecke, wie Sicherung von Hafeneinfahrten usw. Verwendung finden, um bestimmte Richtungen auch bei vollkommen undurchsichtigem Wetter festzustellen, da Nebel, Rauch und ähnliche in der Luft befindliche Partikelchen für die Ultra-Kurzwellen in Gegensatz zu den Lichtwellen kein merkbares Hindernis darstellen. Als Wellenlänge für das Funkbakensystem wurde wiederum die 6 m Welle gewählt.

Sender mit Antennespiegel für 50 cm Welle

Empfänger mit Antennenspiegel für 50 cm Welle

Der Versuchssender hatte eine Leistung von 2 Watt, er war mit zwei Vorstufen fremdgesteuert. Dies war notwendig, weil beim Umschalten eines selbsterregten Senders von der eine Antenne auf die andere eine so starke Wellenänderung auftrat, daß die Zeichen selbst bei tönender Telegraphie aus der Resonanzkurve des Empfängers herausfielen und je nach Abstimmung des Empfängers die positiven oder die negativen Zeichen gehört wurden. Als Antenne wurden zwei horizontale gekreuzte Dipole verwendet, die über eine Energieleitung vom Sender gespeist wurden. Ein automatische Schaltvorrichtung, die zwischen Energieleitung und Dipol lag, ließ die beiden Antenne abwechselnd Punkte und Striche aussenden. Diese ergänzten sich dann in bekannter Weise in den Linien gleicher Feldstärke zu einem Dauerstrich. Als Empfänger diente ein Gerät mit einer Schirmgitterstufe, Audion und zweifacher Niederfrequenz-Verstärkung. Außerdem bestand die Möglichkeit des Superregenerativ-Empfanges. Die Amplitude der Superregenerativ-Frequenz wurde einstellbar gemacht, um die Amplitudenempfindlichkeit des Empfängers regeln zu können. Wird nämlich die Amplitude der Hilfsfrequenz zu groß, so hat der Regenerativempfänger die unangenehme Eigenschaft, nicht mehr amplitudengetreu zu arbeiten, was natürlich die Funkbake unbrauchbar macht, da grade die kleinsten Differenzen in der Lautstärke des einen gegenüber dem anderen Zeichen gehört werden sollen. Es wurden bereits einige Versuchsflüge zusammen mit der D.V.L ausgeführt, die das Funkbakensystem auch bei diesen kleinen Wellenlängen als brauchbar erschienen ließen.

Eine befriedigende Anwendung der noch kleinen Wellen als Nachrichtenmittel dürfte erst dann zu erwarten sein, wenn es gelungen ist, die Schwierigkeiten genügend konstant und modulationsfähig herzustellen, d.h. wenn man Fremdsteuerung anwenden kann. Für Wellen bis zu 3 m herunter dürften in dieser Richtung keine prinzipiellen Schwierigkeiten zu erwarten sein. Bei Wellen unter 1 m wird augenblicklich hauptsächlich an der Leistungssteigerung gearbeitet. Auch auf dem gebiet sind beachtliche Fortschritte insofern erzielt worden, als es gelungen ist, mit normaler rückgekoppelter Gegentaktschaltung Wellen bis zu 50 cm herunter direkt herzustellen. Auf einfache Weise läßt sich natürlich die Frequenz verdoppeln. Die Energieausbeute ist gegenüber den Schaltungen, die mit Barkhausen-Kurzschwingungen arbeiten, beträchtlich größer.

 

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