German Introduction chapter:

Carl von Clausewitz's opinion, on the role of contemporary history

 

Überhaupt kann man ganz allgemein sagen, daß alle die unglücklichen Kriegsunternehmungen, die durch eine Reihe von Fehlern hervorgebracht sind, niemals in ihrem inneren Zusammenhang so beschaffen sind wie das Publikum glaubt. Die Leute welche handeln, wenn sie auch zu den schlechtesten Feldherren gehören, sind doch nicht ohne gesunden Menschenverstand und würden nimmermehr solche Absurditäten begehen, wie das Publikum und die historischen Kritiker ihnen in Pausch und Bogen anrechnen. Die meisten dieser letztern würden erstaunen wenn sie alle die nähren Motive des Handelns kennen lernten, und höchst wahrscheinlich dadurch eben so gut verleitet worden sein wie der Feldherr, der jetzt wie ein halber Imbecille vor ihnen steht. Fehler müssen allerdings vorhanden sein, aber sie liegen gewöhnlich tiefer, in Fehlern der Ansicht und Schwächen des Charakters, die nicht auf den ersten Blick als solche erscheinen, sondern die man erst auffindet und deutlich erkennt wenn man alle Gründe, welche den Besiegten zu seinem Handeln bestimmten, mit dem Erfolg vergleicht. Dieses Finden des Wahren hinterher ist der Kritik gestattet, kann ihr nicht höhnend vorgeworfen werden, sondern ist ihr eigentliches Geschäft, ist aber allerdings viel leichter als das Treffen des Rechten im Augenblick des Handelns.

Es ist darum in der That eine Thorheit, wenn wir fast sämmtliche Armeen den Grundsatz befolgen sehen, über die unglücklichen Kriegsereignisse so wenig als möglich bekannt zu machen; die Sachen werden sich wenn sie genau bekannt sind, immer besser als in Pausch und Bogen ausnehmen.



Hinterlassene Werke des Generals Carl von Clausewitz, über Krieg und Kriegführung, Band 4, Berlin 1833

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